Dienstag, 31. Mai 2011

Was für ein Theater!

Ihr Lieben!

Da ich momentan ziemlich viel Stress mit der Uni habe und auch noch einiges parallel dazu genäht werden muss (ich hab eine Sache schon fertig - das wird aber noch nicht gezeigt ^^), kommt der Blog mal wieder etwas zu kurz. Aber immerhin: Ich hab meine Bestätigung für die Bachelorarbeit bekommen - ab 1.6. (also morgen *schock) bis 1.9. darf / muss ich schreiben - ich hab ein bissl Schiss, aber wird schon - muss werden ^^;
Dazu kommt noch, dass mein PC momentan auf Sparflamme läuft. Mein Mann wollte ihn eigentlich etwas überholen und wir haben dann zuspät erst festgestellt, dass seine externe Festplatte irgendwie nen Schlag weg hat und somit hab ich momentan kein Office (nur open office *würg) und kein Photoshop *Entzug hat
 

Aber naja - dafür möchte ich euch jetzt die erste der beiden versprochenen Kritiken präsentieren: "Zscherben - ein Dorf nimmt ab!" - gesehen am 19.05.2011, 19.30 Uhr im Neuen Theater, Halle.

FAQs:

Regie: Matthias Brenner | Bühne: Nicolaus Heyse | Kostüme: Julia Kneusels | Musik: Alexander Suckel

Mit: Petra Ehlert, Danne Hoffmann, Elke Richter, Hanne Schubert, Nicoline Schubert, Barbara Zinn;
Peter W. Bachmann, Stanislaw Brankatschk, Hilmar Eichhorn, Wolf Gerlach, David Kramer, Karl-Fred Müller, Andreas Range, Jonas Schütte, Jörg Simonides, Peer-Uwe Teska, Joachim Unger

Die nächsten Vorstellungen: 11. Juni und 12. Juni, jeweils 19.30 Uhr.


Zscherben – Ein Dorf nimmt ab!
Oder
Das ist kein Rouge – das ist Fremdschämen!

Entlarven wollte er die sogenannte Unterhaltungskultur in Deutschlands Fernsehsendungen als bloße Schikane, als schadenfrohe sensationsgeile Gehässigkeit der Zuschauer den ach-so-normalen TV-Personen gegenüber. Als amüsante und geistreiche Komödie angelegt war sein neues – erstes – Stück am Neuen Theater in Halle. Allerdings kam alles anders, denn er – Matthias Brenner – hat sich gründlich verkalkuliert.

Der Plot scheint zunächst vielversprechend: Ein kleines Dorf in Sachsen-Anhalt, nahe Halle namens Zscherben bewirbt sich beim TV-Sender Satt2 für eine Realityshow mit Gewinnspielcharakter. Sechs übergewichtige Kandidaten wollen in 28 Tagen beweisen, dass sie 25% ihres Körpergewichtes abnehmen können. Der Gewinner bekommt einen Herzenswunsch erfüllt, welcher sich bei allen Teilnehmern ähnlich formuliert: Die Kegelbahn – Zscherbens ganzer Stolz – soll renoviert werden, nachdem der TÜV sie geschlossen hat und damit jeglicher Ruhm und Erfolg dem kleinen Dorf genommen hat. Denn damals, als die Kegelbahn noch geöffnet hatte, da war alles besser.
Doch das Abnehmen und der TV-Alltag gestalten sich als zunehmend schwierig und der junge Produzent Karsten (
David Kramer) der Show gerät in Zugzwang, denn wie sein Chef ihm immer sagt: „Nur die Quote zählt!“ 
Die Kandidaten sehen das allerdings scheinbar anders. Sie sind demotiviert, überfordert mit der Situation und als der neue Fitnesstrainer auch noch aus dem verhassten Nachbardorf Krimpe kommt, scheint alles vorbei. Die Lage gerät außer Kontrolle, es kommt zur scheinbar unvermeidbaren Katastrophe.

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 Die sich soweit eigentlich spannend lesende Inhaltsangabe war jedoch auch schon fast das Beste an diesem Theaterabend.
Gespannt auf das moderne Stück wird das Publikum nämlich zunächst einmal darauf trainiert, bei bestimmten Handzeichen in warmen, tosenden oder auch buhenden Applaus zu verfallen. Ein bisschen wie auf Mallorca bei einem schlechten Animateur fühlt man sich dabei, aber es könnte ja dennoch lustig werden. 

Dann beginnt das Stück. Bereits der Anfang zieht sich in die Länge, die Figuren des TV-Senders (der Chef, der junge Redakteur, die hübsche Moderatorin und die übereifrige Assistentin) geben zwar ihr bestes, aber der Dialog wirkt langatmig und zäh. Und dies scheint prophetisch für das gesamte Stück.
Denn abgesehen von der niedlich-heimisch anmutenden, dialektal geprägten Aussprache der Zscherbener Dorfbewohner und dem Bühnenbild, welches, zugegebener Maßen, wirklich nicht nur zweckmäßig sondern auch hübsch anzusehen und deutlich passend zur Situation war, gab es kaum erquickende Momente.

Zwischen Slapsticks, müden Running Gags und überdreht-albernem Spiel stach lediglich die Figur des Manfreds, herrlich naiv und gutmütig gespielt von Hilmar Eichhorn, positiv hervor. Doch als dieser nach einer wortwörtlichen Hühnchenfressorgie auf der Bühne verstirbt, ist auch dieser Lichtblick des Stückes genommen und die langersehnte Pause (erst nach über zwei Stunden) verlockt zum Gehen.
 

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Aber nein, vielleicht bringt das Ende ja doch noch die erhofften, ersehnten kritischen Äußerungen, die Wendungen in dem bis dahin zähen, oberflächlichen und Klischees bedienendem Stück. Doch „Zscherben – ein Dorf nimmt ab!“ schließt, wie es begonnen hat: wirr, undurchsichtig, langatmig, gequält-lustig. Das Klatschen auf Abrufen gestaltet sich auch immer mehr zu einem nervenden Zwang, den man nur noch halbherzig bedient. Und das Dorf nimmt inzwischen tatsächlich ab: Nicht gewichtsmäßig, sondern einwohnertechnisch. Die Figuren sterben wie die Fliegen. (Das Publikum hat nach der Pause übrigens auch merklich abgenommen…) Doch anstatt diese Schritte wenigstens konsequent durchzuziehen, macht der Autor Jörg Steinberg einen Rückzieher und lässt Manfred wiederauferstehen. Was wahrscheinlich als amüsant und ermutigend gedacht war, wirkt lediglich an den Haaren herbeigezogen.
Das ganze Stück gipfelt in einer abstrusen Entführung, bei welcher die Zscherbener und die halbe TV-Crew beinahe von einem einstürzenden Schacht erschlagen werden. Warum das? Ob der Autor gemerkt hat, wie schlecht sein Spiel bis dahin ist und sich gefragt hat, ob er durch diesen Einfall alles noch retten kann? – Wenn ja, dann war es ein schlechter Rettungsversuch.
Genauso die unterschwelligen Andeutungen bzw. dann die plötzlich aufkeimenden Liebesgefühle zwischen allen möglichen Beteiligten. Das macht es auch nicht besser, lieber Stückeschreiber.


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Am Ende fühlt man sich betrogen, enttäuscht und verwirrt als Zuschauer. Das Stück verspricht viel und kann nichts davon halten. Beim Applaus tuen einem eigentlich nur noch die Schauspieler leid, die wirklich versucht haben durch ihr Können das Nötigste zu tun, um den Abend nicht ganz umsonst gewesen sein zu lassen. Und auch wenn das Ensemble des Neuen Theater viel Talent zu bieten hat, konnte auch das diesen Abend nicht retten.

Wie die Moderatorin der Sendung im Stück selbst über dieses „TV-Event“ sagte: „Das ist kein Rouge, das ist Fremdschämen!“ In diesem Sinne hätte man sich die dreieinhalb Stunden getrost zuhause vor den eigenen Fernseher setzen können, um dort RTL oder ProSieben zu schauen. Das hätte höchstwahrscheinlich den gleichen Effekt gehabt – abgesehen von dem angenehmen Vorteil, dass man hätte abschalten und gehen können, wann man wollte.
 


Fazit: Rausgeschmissenes Geld, vergeudete Zeit und Peinlichkeiten en masse. Wer auf schlechten, oberflächlichen Klamauk steht, der wird hier immer noch verhungern. Wenn die gesamte Spielzeit des neuen Intendanten Brenner sich so gestalten sollte, könnte ihm das Publikum unter Umständen tatsächlich ebenfalls rapide abnehmen.

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